Aus der Partei
Ein Brief von Katja Kipping - Solidarische Wege aus der Krise
Vom Überbrückungsgeld bis zur Entprivatisierungsstrategie
Millionen Menschen kommen im Zuge der Corona-Krise in Nöte. Als Linke haben wir von dem Moment an, wo sich die Krise andeutete, Druck gemacht für grundlegende soziale Maßnahmen wie
einen Aufschlag von 500 Euro und besserer Schutz für alle systemrelevanten Berufe, wie im Pflege- und Gesundheitsbereich;
einen Aufschlag von 200 Euro pro Monat auf alle Sozialleistungen;
die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent sowie
ein Pandemie-Überbrückungsgeld für alle vor, deren Einkommen durch die Pandemie wegfallen. Dazu gehören u.a. Minijobbende Studierende und Rentner*innen, Azubis, deren Unternehmen auf Kurzarbeitergeld umstellen, Menschen mit Behinderungen, deren Werkstätten jetzt geschlossen werden, Kleinstunternehmen, Freiberufler*innen und Soloselbständige, deren Umsätze durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Virusausbreitung ausfallen oder stark zurückgehen.
Bisher blockieren leider die Regierungefraktionen, vor allem die CDU, diese wichtigen sozialen Maßnahmen. Doch unterhalb dieser Maßnahmen konnten wir so manche Verbesserung erkämpfen, wie die Aussetzung der Vermögensprüfung bei der Grundsicherung, wie ein befristeter Stopp von Stromsperren und Zwangsumzügen und wir haben die Sozialverbände erfolgreich darin unterstützt, dass die sozialen Dienste mit unter den Rettungsschirm kommen. All das reicht uns nicht, aber wir verschweigen auch nicht die von uns mit erkämpften Verbesserungen. So wichtig die akute soziale Abfederung ist, so wenig dürfen wir jedoch dabei stehenbleiben. Es geht jetzt auch darum, wie wir die Weichen stellen, um unsere Gesellschaft in Zukunft krisenfest zu machen. Und der Aufbruch in eine krisenfeste Gesellschaft beginnt mit folgender Erkenntnis: Der Markt lebt von Bedingungen, die er selbst nicht schaffen kann, wie Bildung, Straßen, Sozialsysteme oder wissenschaftliche Innovationen. Daraus folgt, dass wir das, was wirklich systemrelevant ist, nicht mehr dem Markt überlassen. Deshalb streite ich für eine universelle Grundversorgung, die nicht auf Markt, Privat und Profit setzt, sondern sich am Gemeinwohl orientiert. Und wir müssen konkret die Eigentumsfrage stellen. Für privatisierte Krankenhäuser muss beispielsweise eine Entprivatisierungsstrategie entwickelt werden. Denn Privatisierung bedeutet, dass Gelder für Profite abgezogen werden, die einfach fehlen bei der Bezahlung der Beschäftigten bzw. bei der Behandlung der Patient*innen. Und das Gefeilsche um europäische Hilfen für Spanien und Italien muss endlich aufhören. Jeder Tag schadet der europäischen Idee. Bundeskanzlerin Merkel sollte diese Debatte sofort beenden und dafür sorgen, dass Italien und Spanien umgehend und ohne Bedingungen geholfen wird. Die Europäische Union kann nur gemeinsam diese Krise schultern. Sonst droht sie zu zerbrechen. Ich bin mir sicher, dass die Menschen mit noch mehr Bereitschaft zu Hause bleiben, wenn sie sehen, dass die Regierung ihren Job macht. Dazu gehört aber noch etwas: Der Blick in die Zukunft. Auch hier sind zwei Fragen zu klären: Wer bezahlt für die Krise? Und: Wie stellen wir unser Gesundheitssystem für zukünftige Krisen auf. Die Regierung muss schleunigst klarstellen, dass nicht die Beschäftigten für die Krisenkosten zur Kasse gebeten werden, sondern die Milliardäre und Großkonzerne. Der Teil der Gesellschaft, der davon profitiert, wenn – wie eben geschehen – mitten in der Krise die 100 größten DAX Konzerne ihren Anlegern rund 44 Mrd. Euro auszahlen. Unter Umständen, um kurz danach Staatshilfen zu beantragen. Wenn klar ist, dass nicht die Beschäftigten die Krise zahlen werden, kann die Mehrheit der Bevölkerung schon ein ganzes Stück beruhigter in die Osterpause fahren. Und die Regierung muss erklären, dass sie aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Die Schließung und Privatisierung von Krankenhäusern, die Kürzungspolitik im Gesundheitssystem, die Auslagerung entscheidender Produktionsketten auf andere Kontinente, die zwei Klassen-Medizin.
Nur wenn sichtbar ist, dass die Regierung nicht die gleichen Fehler nach der Krise sofort wieder machen wird, kann Vertrauen gerechtfertigt sein.
Katja Kipping
PS. Jeden Freitag um 13.00 Uhr könnt ihr direkt mit mir auf Facebook diskutieren.
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Corona: Die Gesellschaft wird neu zusammengesetzt
Cornelia Möhring, Frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, informiert in ihrem April Newsletter unter Anderem über die aktuellen Beschlüsse des Parlaments. In einer sehr ungewöhnlichen Sitzung hat der Bundestag die ersten Maßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise beschlossen. Nur 25 Prozent der MdB durften aus Schutzgründen ins Plenum. Ein Teil der Abgeordneten hat die Sitzung im Homeoffice verfolgt. (Auch ich bin in Schleswig-Holstein geblieben, weil ich zur Zeit eine Bronchitis "pflege".)
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Frauen* und Systemfragen in Zeiten von Corona
Doris Achelwilm, MdB gleichstellungspolitische Sprecherin, und Cornelia Möhring, MdB frauenpolitische Sprecherin und Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Fraktion Die LINKE. im Bundestag haben ein Positionspapier zur spezifischen Betroffenheit von Frauen in der Corana - Krise veröffentlicht. Die Krise zeigt, was über Jahrzehnte gern unter den Teppich gekehrt wurde: »Systemrelevant« sind besonders viele Berufe, die überproportional von Frauen* ausgeübt werden. Pflege, Erziehung, Einzelhandel, Reinigungsdienste, um nur einige zu nennen. Genau diese Berufsgruppen sind aber schlecht bezahlt und von Personalmangel betroffen. Gesellschaftlich notwendige Arbeit muss jetzt und für die Zukunft neu bewertet werden. Applaus und Dankesbekundungen sind schön, aber sie reichen nicht. Diese Krise ist nicht nur eine pandemische, sondern auch eine der heruntergesparten öffentlichen Infrastrukturen und falschen Arbeitsteilungen und -bewertungen. Das muss politisch verstanden werden.
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Systemrelevant und trotzdem prekär – Corona und Geschlecht
Die Corona-Pandemie rückt jene Arbeiten in den Mittelpunkt, die unser Leben und unsere Gesellschaft permanent am Laufen halten, sonst aber wenig Beachtung finden. Als „systemrelevant“ gelten nun u.a. Jobs im Gesundheitswesen, in der Pflege und im Einzelhandel. Auffällig ist, dass genau diese Tätigkeiten unterdurchschnittlich entlohnt werden. Hinzukommt, dass 75 Prozent der Beschäftigten in den systemrelevanten Berufen Frauen sind. In diesen Tagen wird ihnen von allen Seiten gedankt. Auch Wolfgang Schäuble lobte den Einsatz dieser Arbeiter*innen in der Krise und sorgte für Standing Ovations im Bundestag. Dabei war es gerade die von Schäuble vorangetriebene Kürzungspolitik, die in Europa das Zusammenkürzen des Gesundheitssektors gefordert hat. Statt also zu klatschen, müssen diese Arbeiten endlich die gesellschaftliche Anerkennung und entsprechende Entlohnung bekommen, die sie verdienen – nicht nur in der Krise, sondern auch in Zukunft. Warum gerade die Sorgetätigkeiten so schlecht entlohnt werden und welche Weichen wir jetzt stellen müssen, damit wir nach der Corona-Krise nicht in die nächste stürzen, darum soll es in diesem Webinar gehen.
Weitere Informationen zum Thema Frauen* und Corona finden sich auch unserer Website.
hier lang
9. April 2020 19.30 Uhr, Anmeldung zum Webinar:
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